Weichgewebstransplantate in der Zahnheilkunde

Dr. Sophie Mainitz
Dr. Manfred Mainitz

Rammelsbach

Neue OP-Technik zur Verbesserung der Ästhetik

Nachdem es schon seit Jahrzehnten gelungen ist, Implantate (künstliche Zahnwurzeln) beißfest einheilen zu lassen, wird heutzutage das Hauptaugenmerk nicht mehr so sehr auf die Funktion, sondern auf das ästhetische Erscheinungsbild gelegt. Hierzu gibt es verschiedene Ansätze bezüglich der Transplantation von Zahnfleisch bzw. Bindegewebe.

Beim Zahnverlust kommt es infolge der fehlenden funktionellen Belastung zum Knochenabbau. Der dann notwendige Knochenaufbau mittels Eigenknochen, Fremdknochen oder synthetischen Knochenersatzmaterial zum Verankern von Implantaten ist heute bereits ein Routineeingriff mit sehr sicheren Erfolgsvorhersagen. Infolge des Knochenabbaus kommt es aber auch zum Verlust von Zahnfleisch und Bindegewebe mit erheblichen negativen Auswirkungen insbesondere in der sogenannten ästhetischen Zone (obere Frontzahnregion): der Verlust an Weichgewebe erzeugt ein asymmetrisches Erscheinungsbild (verglichen mit dem symmetrischen Nachbarzahn). Da aber das menschliche Auge/Gehirn Asymmetrien als ästhetisch unschön empfindet, fällt der Verlust an Weichgewebe dem Betrachter sofort störend auf.

Zum Wiederaufbau von verlorengegangenem Weichgewebe wurden daher eine Vielzahl von OP-Methoden entwickelt. Auch hier – wie beim Knochenaufbau – wird Eigengewebe, Fremdgewebe und synthetisches Material verwendet. Fremdgewebe ist kritisch  zu betrachten: Übertragung von Krankheitskeimen, Immunreaktionen ect. Die Verwendung von synthetischen Gewebe ist in der Erprobung, der Goldstandard ist aber noch immer patienteneigenes Gewebe.

Die Auskleidung der Mundhöhle besteht aus befestigtem, unbeweglichem Zahnfleisch und beweglicher Schleimhaut. Aus funktioneller Sicht ist eine Zone von mindestens 2mm unbeweglichem Zahnfleisch um ein Implantat herum sinnvoll, ansonsten kann es durch ständigen Zug der beweglichen Schleimhaut direkt am Zahnfleischrand zu Entzündungen kommen. Beim Wiederaufbau des verlorengegangen Weichgewebes gilt es also zwei Aufgaben zu lösen: 1.) das verringerte Volumen an Weichgewebe wieder aufzufüllen (ästhetisches Erscheinungsbild), 2.) die mindestens 2mm Breite Zone des befestigtem Zahnfleisches wieder herzustellen (Ästhetik, Funktion).

Der Volumenaufbau wird hierbei durch  Entnahme von unter dem Zahnfleisch liegendem Bindegewebe vom Gaumen des Patienten bewerkstelligt, das in den Bereich des aufzubauenden Areals transplantiert wird. Mit dieser Methode konnte aber bisher nicht gleichzeitig fehlendes Zahnfleisch wiederaufgebaut werden: in einem zweiten Schritt wurde dann zum Beispiel durch Verschiebetechniken die Zone des unbeweglichen Zahnfleisches verbreitert. Dies ist bereits für den Operateur eine anspruchsvolle OP. Die neueste Entwicklung mit entsprechender Steigung des Schwierigkeitsgrades der OP führt zu folgendem Vorgehen: die Entnahmestelle für das Transplantat ist wieder der Gaumen, nur dieses Mal wird nicht das Bindegewebe unterhalb des Zahnfleisches transplantiert. Es wird ein sogenanntes Kombitransplantat präpariert, d.h. von einem Teil des Transplantates wird die oberste Schicht vor Entnahme entfernt (funktionell entspricht dies einem Bindegewebstransplantat) und am restlichen Teil des Transplantates wird die oberste Schicht belassen (funktionell entspricht dies einem Zahnfleischtransplantat). Dieses Kombitransplantat wird so an der Empfängerregion platziert, dass der Teil mit der entfernten obersten Schicht unter dem Weichgewebe zu liegen kommt (Volumenauffüllung) und der Teil ohne Entfernung der obersten Schicht (Zahnfleischteil) direkt im Bereich des fehlenden Zahnfleisches zu liegen kommt (Herstellung einer mindestens 2 mm breiten Zone des befestigten Zahnfleisches). Hierdurch werden durch einen Eingriff zwei Aufgaben (s.o.) gleichzeitig gelöst und somit dem Patient eine OP erspart.